Interview: Vorbereitung ist alles

Wie Sie erfolgreich Interviews führen

Wer erfolgeich Interviews führen möchte, sollte sich gut vorbereiten und auch im Gespräch einige Regeln beachten.
Wer erfolgeich Interviews führen möchte, sollte sich gut vorbereiten und auch im Gespräch einige Regeln beachten. Foto: Depositphotos

Ob Sie einen Corporate Blog redaktionell betreuen, ein Kundenmagazin leiten oder regelmäßig podcasten: Interviews sind eine ideale Möglichkeit, interessante Menschen zu präsentieren, verschiedene Meinungen darzustellen oder auch Sachthemen zu besprechen.

Interviews bieten eine willkommene Abwechslung zu berichtenden Textsorten. Und in Podcasts sorgen sie für mehr Aufmerksamkeit, schon allein da die Stimmen wechseln und nicht nur eine Person spricht.

Doch wie führt man ein Interview, wenn man es nicht gelernt hat wie TV-Moderatorin Sandra Maischberger? In diesem Blogbeitrag zeige ich Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie ein Interview vorbereiten und es führen.

Welche Interviewarten kommen infrage?

Als ich Medienwissenschaft studiert habe, gehörte die „Praktische Einführung in den Journalismus“ von Walther La Roche zur Grundausstattung. Er war viele Jahre in der Journalistenausbildung tätig und unterscheidet in seinem Buch drei Interviewarten:

  • Das Interview über ein Sachthema mit dem Ziel der Informationsvermittlung. Ein Beispiel aus meiner eigenen Praxis: Vor einiger Zeit habe ich einen Verbraucherschützer dazu befragt, wie Familien das Thema Immobilienfinanzierung angehen können .
  • Das Meinungsinterview, in dem eine Person ihre Sicht der Dinge zu einem bestimmten Problem oder Sachverhalt darlegt. Beispiel: Ein Journalist befragt eine:n Vertreter:in des Hotel- und Gaststättenverbands, weshalb die Mehrwertsteuer im Restaurant gesenkt werden sollte.
  • Das Interview zur Person, das diese in den Mittelpunkt stellt. Erinnern Sie sich an das Interview von Oprah Winfrey mit Meghan und Harry im März 2021? Es ist ein Beispiel für ein Personeninterview. Die:der Interviewte muss nicht zwangsläufig prominent sein. Es kann sich auch um eine Persönlichkeit handeln, die etwas Besonderes erlebt hat.

Oftmals erscheinen diese drei Interviewarten nicht in Reinform, sondern vermischen sich. Sie sind nicht auf den Journalismus beschränkt, sondern eignen sich auch für das Content Marketing und das Corporate Publishing. Also beispielsweise dann, wenn Sie als Selbstständige:r oder für Ihr Unternehmen einen Blog betreiben oder wenn Sie Ihr Kundenmagazin etwas kreativer gestalten wollen.

Vielleicht sind Sie selbst oder ein:e Kolleg:in aus Ihrem Unternehmen Expert:in für ein bestimmtes Ratgeberthema, das für Ihre Zielgruppe interessant ist. In Ihrer Mitarbeiterzeitung können Sie die neu eingestellte Führungskraft in einem Interview vorstellen. Ein Meinungsinterview kann dann interessant sein, wenn die Person Ansichten vertritt, die kongruent zu Ihren Unternehmenswerten sind.

Ein Beispiel: Als Biofachmarkt veröffentlichen Sie auf Ihrem Corporate Blog ein Interview mit einer Umweltschützerin oder einem Umweltschützer, die:der sich gegen Pestizide in der Landwirtschaft ausspricht.


Wie bereite ich ein Interview vor?

Vor dem gemeinsamen Termin sollten Sie das Interview vorbereiten. Das bedeutet: Lesen Sie sich ein, hören oder schauen Sie sich Interviews an, die Ihr:e Ansprechpartner:in bereits gegeben hat. Recherchieren Sie so viel wie möglich und nötig über die Person bzw. das Sachthema. Bei einem Meinungsinterview schauen Sie, wer welche Position dazu vertritt. Wenn ich Interviews führe, kenne ich in der Regel zumindest einen guten Teil der Antworten.

Wenn Sie Ihr Interview gut vorbereitet haben, haben Sie schon einen wichtigen Step genommen. Verlassen Sie sich nicht darauf, dass Ihr:e Interviewpartner:in Ihnen schon alles erklären wird. Wenn Sie mit absoluten Basic-Fragen starten, merkt er oder sie das und wer will schon unprofessionell dastehen? Auf der anderen Seite scheuen Sie sich nicht, nach grundlegenden Informationen zu fragen, wenn diese Teil des Interviews sein sollen.

Nach der Recherche notieren Sie sich Ihre Fragen in einer logischen Reihenfolge. Im Gespräch lässt sich dann flexibel davon abweichen, aber der Fahrplan steht zumindest schon einmal grob. Denken Sie darüber nach, welche Inhalte an welcher Stelle kommen sollten. Schließlich sollte jemand, der nicht so vertraut ist mit dem Thema oder der Person wie Sie es nach Ihrer Recherche sind, den Inhalt von A bis Z verstehen können.

Vielleicht sind Sie unsicher, wie viele Fragen Sie vorbereiten sollten. Als Anhaltspunkt: Aus einem halbstündigen Interview gewinne ich fünf bis sieben Fragen und Antworten in schriftlicher Form zu einem Sachthema, wobei ich natürlich einiges herauskürze. Für diese finale Länge würde ich ca. zehn Fragen vorbereiten. Wenn Sie in einem Interview eine Person porträtieren möchten, macht es sehr wahrscheinlich Sinn, sich längere Zeit mit ihr zu unterhalten und sie so näher kennenzulernen.


Wie kann ich das Interview führen?

Womöglich ist die:der Interviewpartner:in zu Beginn etwas nervös. Manchen Menschen – gerade wenn sie nicht in der Öffentlichkeit stehen – fällt ein Interview schwer. Deshalb ist es wichtig, zunächst eine angenehme Gesprächsatmosphäre herzustellen. Es bietet sich also ein kurzer Small Talk vor der Aufzeichnung an. Ich erkläre in der Regel, weshalb ich das Interview mache, was mich an dem Thema interessiert und sage grob, um welche Aspekte es mir geht. Dies gibt bereits die Richtung vor.

Meine erste Frage lautet immer: „Ist es Ihnen recht, wenn ich das Interview aufzeichne?“ Das Aufzeichnen erlaubt es mir, die Aussagen zu transkribieren, was sehr viel genauer ist als das Mitschreiben. Ich schreibe dennoch mit, denn wenn die Technik spinnt, will ich nicht mit leeren Händen dastehen. Dann sind Notizen besser als nichts. Wichtig ist auch: Sie dürfen die Aufnahme nicht ohne Erlaubnis starten. Erst mit dem erfolgten Einverständnis schalten Sie Ihr Gerät an.

Doch nun zur ersten inhaltlichen Frage. Ideal ist ein Einstieg, bei dem die erste Frage schon große Aufmerksamkeit erzielt, um Leser:innen in den Text zu ziehen oder Zuhörer:innen zu halten. Nichts ist – in meinen Augen – langweiliger als ein Podcast, in dem der Gast sich erst einmal minutenlang selbst vorstellt und seinen reichen Lebenslauf in allen Details schildert. Besser: Stellen Sie Ihren Gast selbst kurz und knapp vor. Wenn es wichtige Etappen im Leben gibt, die für Zuhörer:innen interessant sind, dann fragen Sie im Gespräch gezielt danach. Bei einem Interview, das Sie später verschriftlichen, können Sie beim Bearbeiten eine Frage mitten aus dem Gespräch an den Anfang ziehen. Ich persönlich vermeide es, weil ich gerne den „natürlichen Fluss“ des Interviews beibehalte.

Neben dem Small Talk ist das Stellen einer offenen Frage ideal, um die:den Interviewte:n ins Reden zu bringen. Geschlossene Fragen können Interviewte nur mit Ja oder Nein beantworten. Offene Fragen geben Ihnen einen viel größeren Raum. Wenn es Ihnen darum geht, die Person erzählen zu lassen, dann stellen Sie offene Fragen, zu Beginn und auch im weiteren Verlauf des Gesprächs.

Halten Sie beim Fragen selbst keinen Monolog und stellen Sie nie mehrere Fragen auf einmal. Entweder sucht sich Ihr:e Interviewpartner:in nur jene Frage aus, die ihr oder ihm mehr zusagt und lässt die andere unter den Tisch fallen. Oder er:sie weiß nach dem Beantworten der ersten Frage nicht mehr, was Sie auch noch wissen wollten.

Mit Ihrem Fahrplan vor Augen werden Sie im Laufe des Gesprächs vielleicht feststellen, dass Ihr:e Interviewpartner:in Sie vom Weg abbringt. Da werden uninteressante Details langwierig ausgeschmückt und man verliert sich in Nebenschauplätzen. Andererseits können sich in einem Gespräch neue Welten auftun, Aspekte, an die Sie zuvor nie gedacht hatten, die aber spannend sind. Aus diesem Grund ist es wichtig, flexibel zu reagieren. Achten Sie aber auf Ihre Uhr, gerade wenn der Termin von Ihrer:Ihrem Ansprechpartner:in zeitlich begrenzt ist. Es ist schade, wenn Sie Ihre wichtigsten Fragen aus Zeitmangel nicht mehr stellen können. Ein Endlos-Interview hingegen bedeutet zusätzliche Arbeit beim Aufbereiten.

Lesen Sie Ihre Fragen nicht einfach in der Reihenfolge vom Blatt ab. Reagieren Sie. Machen Sie das Interview lebendig, indem Sie auf das Gesagte eingehen. Haken Sie nach. Greifen Sie einen Punkt heraus und spinnen Sie den Gedanken weiter. Genau das macht ein Interview spannend. Die Fragen und Antworten fließen dann wie von selbst ineinander. Das ist einer der Gründe, weshalb ich Interviews nur in Ausnahmefällen per E-Mail führe. Bei manchen Interviews erkenne ich beim Lesen, dass sie schriftlich geführt wurden. Weil nicht nachgehakt wird und die Sprache eine andere ist, oftmals förmlicher.

Zum Ende des Interviews ist es wichtig, eine passende Frage zum Ausklang zu stellen. Ansonsten endet das Interview zu abrupt. Manchmal bietet es sich an, nochmals zur Ausgangsfrage zurückzukehren und einen Bogen dorthin zu schlagen. Es kann auch mit einer Pointe enden oder zur letzten Frage hin persönlicher, lockerer werden. Eine weitere Möglichkeit ist, einen Ausblick in die Zukunft zu geben. Beispielsweise:

  • „Was sind Ihre Pläne?“
  • „Wie wird sich Thema XY zukünftig entwickeln?“
  • „Wie sehen die Chancen für XY aus?“.

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Portraitbild Kerstin Smirr

Mein Name ist Kerstin Smirr. Als freie Journalistin und Texterin verfasse ich nicht nur Texte für Medienverlage, Unternehmen und Selbstständige. Ich gebe darüber hinaus in meinem Blog mein gesammeltes Wissen rund um das Planen von Inhalten und das Schreiben weiter. Abonnieren Sie meinen Newsletter und verpassen Sie keinen Blogartikel mehr!