Interview in Textform bringen

Interview schreiben: So geht’s!

Sie haben ein Interview geführt und fragen sich, wie Sie es schriftlich aufbereiten? Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung.

Sie haben meinen ersten Blogbeitrag zum Thema Interview schon gelesen? Darin habe ich beschrieben, wie Sie sich auf ein Interview vorbereiten und es führen. In diesem Blogartikel gehe ich darauf ein, wie Sie das Gespräch in die Form eines schriftlichen Interviews bringen, beispielsweise für Ihre Mitarbeiterzeitung oder Ihr Online-Magazin.

Auch bei Podcasts kann es sinnvoll sein, zumindest eine Zusammenfassung mit Zitaten zu erstellen, zum Beispiel auf Ihrem Blog. Manche Menschen lesen lieber als zuzuhören. Außerdem kann der Text suchmaschinenoptimiert werden, sodass mehr User:innen über Google und Co. auf Ihre Podcast-Folge stoßen.

Sicherlich gibt es nicht die eine Art und Weise, ein Interview zu verschriftlichen. Deshalb zeige ich Ihnen im Folgenden, welches Vorgehen ich mir in Hunderten von Interviews, die ich bis heute geführt und verschriftlicht habe, angeeignet habe.


Schritt 1: die Transkription

Transkriptionstools, die die Sprache automatisch erkennen, sind in den vergangenen Jahren immer exakter geworden. Ich verwende sie nicht und verweise daher gerne auf einen Erfahrungsbericht der Journalistin Anja Reiter

Ich selbst nutze eine Transkriptionssoftware, die nichtautomatisiert funktioniert: oTranscribe. Das heißt, ich transkribiere selbst. Das Tool ermöglicht es mir allerdings, das Gespräch am Computer anzuhören und das Abspielen mit bestimmten Tasten auf der Tastatur zu steuern. Ich muss also nicht zwischen dem Aufnahmegerät und dem Computer switchen.

Konkret funktioniert es so: Ich öffne die Audio-Datei im Browser auf der Internetseite von oTranscribe. Die Datei wird im Browser lokal gespeichert und verbleibt auf dem Computer, was wichtig ist in Bezug auf den Datenschutz. Den Text gebe ich dann unten in das Textfeld ein. Mit bestimmten Tasten auf der Tastatur lässt sich die Aufnahme pausieren, vor- und zurückspulen. Außerdem kann man Zeitmarken setzen. Auch die Geschwindigkeit lässt sich regulieren, was praktisch ist, wenn jemand sehr schnell spricht.


Screenshot oTranscribe

Ich transkribiere nur jene Antworten, die ich vielleicht oder garantiert nutzen werde. Passagen, die für das finale Interview irrelevant sind, lasse ich gleich außer Acht und spule vor. Außerdem tippe ich sehr schnell mit und korrigiere keine Tippfehler. Auf diese Weise komme ich recht zügig voran.

Nach dem Transkribieren kopiere ich den Text in ein Word-Dokument und speichere ihn als Abschrift ab. In einer zweiten Kopie beginne ich dann, den Text zu bearbeiten. So behalte ich das Original, falls ich doch einmal zu viel weggekürzt haben sollte.

Alternativ gibt es Transkriptionsdienste, an die Sie diese Aufgabe auslagern können.


Schritt 2: Das Interview bearbeiten

Anschließend gehe ich das Interview von Anfang bis Ende durch. Denn selbst wenn ich nicht alles transkribiert habe, ist mein Interview in der Regel viel zu lang. Also kürze ich, aber so, dass die Antworten weiterhin einen Sinn ergeben und einzelne Sätze nicht aus dem Kontext gerissen werden.

Beim Bearbeiten stellt sich generell die Frage: Wie stark greife ich in das Gesagte ein? Darauf gibt es keine Standardantwort. Ich selbst bin ein Fan davon, sehr behutsam vorzugehen. Ich schreibe keine Antworten auf Basis des Gesagten neu und dichte auch keine Sätze hinzu. Was ich allerdings mache, damit das Interview gut lesbar und verständlich ist: Ich schiebe (selten) Zwischenfragen ein, wenn die Antworten ausufern. Wenn mein:e Interviewpartner:in im Gespräch zu langen Sätzen tendierte, setze ich öfters einen Punkt. Wenn jemand ständig in Substantivierungen spricht, dann formuliere ich dies hier und dort um. Oftmals liest sich gesprochene Sprache nicht korrekt. Wir sprechen einfach nicht druckreif. Da werden Sätze mittendrin abgebrochen oder Formulierungen klingen verschriftlicht nicht rund. Das passe ich an.

Doch was tun, wenn inhaltliche Lücken bleiben? Am besten ist es natürlich, dies schon im Gespräch zu bemerken und nachzuhaken. Wer sich gut vorbereitet, stellt in der Regel alle wichtigen Fragen. Falls ich doch einmal feststellen sollte, dass es an Inhalt, an Präzision fehlt, kontaktiere ich die:den Interviewte:n erneut und frage nochmals nach. Das heißt: keine Scheu! Bislang hat deshalb noch niemand verärgert reagiert.


„Ich möchte das Interview vor Veröffentlichung aber noch einmal lesen.“ Diesen Satz höre ich häufig von Interviewpartner:innen. Im Journalismus ist dies oft Gang und Gäbe, auch wenn nicht jede:r Journalist:in das gutheißt oder es auch so praktiziert. Es gibt gute Gründe dafür und dagegen. Je stärker Sie in den Text eingreifen, desto eher sollten Sie meiner Meinung nach das Interview noch einmal vorlegen. Auch bei Menschen, die nicht so medienerfahren sind, kann es ein Gefühl der Sicherheit geben. Natürlich kommt es auch darauf an, in welcher Position Sie zueinander stehen. Stecken Sie gegebenenfalls vorab die Grenzen der Überarbeitungsmöglichkeiten ab.

Mir ist es glücklicherweise noch nie passiert, dass jemand nach dem Gegenlesen das gesamte Interview infrage gestellt oder es komplett umgeschrieben hätte. Meist gibt es keine Änderungswünsche oder sie sind marginal. Da fällt der:dem Gesprächpartner:in nachträglich noch ein bislang unerwähnter Aspekt ein, der in einem Nebensatz Platz finden muss. Oder eine mündliche Formulierung wird verschriftlicht nach eigenem Empfinden als nicht „schön“ genug empfunden. Wenn ich das Gefühl habe, dass an vielen Stellen Inhalt glattgestrichen und die Offenheit des Interviews nachträglich wegradiert wird, greife ich auch schon einmal zum Telefon und bespreche diese Punkte. Schließlich geht damit die Qualität des Interviews ein Stück weit verloren.


Schritt 3: Das Interview in Szene setzen


Überschrift und Teaser

Nachdem Sie Fragen und Antworten aufbereitet haben, widmen Sie sich der Überschrift und dem Teaser. Bei Interviews nutze ich gerne ein Zitat als Überschrift. Sie gibt Leser:innen gleich einen Hinweis auf die Textart. Die Herausforderung ist, eine kurze und inhaltlich prägnante, ja, vielleicht auch ungewöhnliche Aussage aus dem Text zu destillieren.

Im Teaser sollten Sie darauf eingehen, mit wem Sie über welches Thema gesprochen haben. Machen Sie Ihre Leser:innen neugierig! Zeigen Sie beispielsweise auf, über was die:der Interviewte gesprochen hat, aber nicht, was er oder sie zu diesem einen Punkt verraten hat. Oder stellen Sie einen besonderen Nutzen, einen Erkenntnisgewinn in Aussicht.


Bebilderung

Zeigen Sie außerdem Ihre:n Gesprächpartner:in in einem Bild – selbst wenn es um ein Sachthema geht. Es kann in diesem Fall Sinn machen, das Thema anderweitig groß zu illustrieren und ein kleineres Porträtfoto hinzuzustellen.


Infobox

Außerdem sollten Sie Ihre:n Interviewpartner:in vorstellen. Manchmal genügt es, Name und Funktion im Teaser zu nennen. Alternativ bietet es sich an, ihr oder ihm eine Infobox zu widmen. Darin können Sie Informationen zum Werdegang „auslagern“, die im Interview keinen Platz finden, aber die Expertise der:des Interviewten verdeutlichen.

Schritt 4: Für Reichweite sorgen

Lassen Sie das Interview nicht allein „im Raum stehen“, sondern sorgen Sie dafür, dass es wahrgenommen wird – über die eigentliche Veröffentlichung hinaus. Einige Beispiele, die für Reichweite sorgen:

  • Teasern Sie es auf Ihren Social-Media-Kanälen an. Verlinken Sie es, falls es online veröffentlicht ist oder geben Sie an, wo User:innen die entsprechende Ausgabe finden.
  • Taggen Sie Ihre:n Interviewpartner:in. Er:sie wird Ihr Posting sicherlich gerne teilen. Falls eine Reaktion ausbleibt, bitten Sie Ihre:n Interviewpartner:in, es auf ihren:seinen Kanälen weiterzuverbreiten. Scheuen Sie sich nicht, dies anzufragen.
  • Falls Sie über Video- oder Audio-Mitschnitte verfügen, bieten Ihnen diese weitere Möglichkeiten, die Inhalte unter Erlaubnis der:des Interviewten zu verbreiten. Sie können diese auf Ihrem YouTube-Kanal einstellen, als IGTV auf Instagram hochladen, ein Audiowave erstellen für einen Instagram-Videopost, …
  • Verlinken Sie es in Ihrem Newsletter.
  • Schicken Sie das Interview Menschen aus Ihrem beruflichen oder persönlichen Umfeld, die Sie näher kennen und die es interessieren könnte.

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Als freie Journalistin und Texterin führe und schreibe ich für meine Auftrageber Interviews zu den verschiedensten Themen. Sie erscheinen beispielsweise in Blogs und Kundenzeitschriften. Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, wie ich Sie unterstützen kann, kontaktieren Sie mich gerne!

 

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Portraitbild Kerstin Smirr

Mein Name ist Kerstin Smirr. Als freie Journalistin und Texterin verfasse ich nicht nur Texte für Medienverlage, Unternehmen und Selbstständige. Ich gebe darüber hinaus in meinem Blog mein gesammeltes Wissen rund um das Planen von Inhalten und das Schreiben weiter. Abonnieren Sie meinen Newsletter und verpassen Sie keinen Blogartikel mehr!